Der ultimative Guide für Introvertierte und Schüchterne

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Stille endlich verstehen: Das Einstiegsbuch für Introvertierte und Schüchterne eBook

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KAPITEL 1.3

Die größten Unterschiede zwischen Introvertierten und Extrovertierten

Introvertierte sind still und zurückhaltend, Extrovertierte laut und kontaktfreudig? Das ist oft das Erste, was man von außen wahrnimmt. Wenn man aber genauer hinschaut, erkennt man, was Introvertierte und Extrovertierte wirklich voneinander unterscheidet (zum Beispiel was die Motivation angeht oder die Art und Weise, Eindrücke zu verarbeiten).

Das sind die vier wichtigsten Unterschiede:

1. Wie wir Energie bekommen
Introvertierte ziehen Energie aus dem Kontakt mit ihrer Innenwelt: ihren Gedanken, Gefühlen, Ideen und Eindrücken. Deshalb bevorzugen sie eine ruhige Umgebung, um ihre inneren Akkus wieder aufzuladen. Sie lesen vielleicht ein Buch, gehen spazieren, schauen ihre Lieblingsserie, schreiben Tagebuch, hängen einfach ihren Gedanken nach oder tauschen sich im Einzelgespräch mit guten Freunden aus.

Extrovertierte bekommen ihre Energie durch den Kontakt mit der Außenwelt: durch andere Menschen, Orte, Dinge oder Aktivitäten. Sie brauchen Reize von außen, um Energie zu tanken. Deshalb treffen sie sich gerne mit vielen Freunden oder gehen zu Veranstaltungen und anderen Aktivitäten, wo sie viele neue Eindrücke bekommen.

Was Introvertierte entspannt, stresst Extrovertierte – und umgekehrt.

2. Wie wir Eindrücke verarbeiten
Wusstest du, dass Introvertierte für die Verarbeitung von Eindrücken mehr Energie verbrauchen, als Extrovertierte? Silvia Löhken erklärt in ihrem Buch Leise Menschen, starke Wirkung, dass Introvertierte in einem Bereich ihres Gehirns (genauer gesagt: im frontalen Kortex) eine höhere elektrische Aktivität haben¹. Dieser Bereich ist für innere Vorgänge zuständig: für das Lernen, Erinnern, Entscheiden und Problemlösen.

Besonders interessant ist, dass diese hohe Aktivität bei uns selbst im entspannten Zustand anhält. Das heißt, dieser Energieaufwand ist ständig da – wie ein Programm, das automatisch im Hintergrund abläuft.

„Wenn die Leute mir sagen, ich wäre zu still, würde ich ihnen gerne einen Einblick in meinen Kopf geben. Denn da ist es in seltensten Fällen ruhig.“

In unseren Köpfen passiert also auch schon im entspannten Zustand eine Menge. Wenn dann von außen noch mehr Eindrücke dazukommen, erhöht sich dementsprechend auch der Energieaufwand.

Du kannst es dir so vorstellen, als ob unser Gehirn ein Smartphone wäre. Bei Introvertierten laufen auch im Ruhezustand schon einige Anwendungen. Und sobald wir mit der Außenwelt in Kontakt treten, öffnet sich der Internet-Browser. Es prasseln eine Menge neuer Eindrücke auf uns ein, die sich alle in einem neuen Tab öffnen. Je mehr Tabs es werden, umso mehr Energie (Arbeitsspeicher) müssen wir dafür aufwenden.

Manchmal werden es einfach zu viele Tabs und wir fühlen uns überfordert (der Arbeitsspeicher reicht nicht aus, um so viele Eindrücke auf einmal zu verarbeiten). Manchmal surfen wir aber auch einfach zu lange im Internet (der Außenwelt), sodass sich der Akku irgendwann dem Ende neigt. Dann gehen wir in den Energiesparmodus (wir driften ab, sind nicht mehr bei der Sache) oder schalten komplett ab.

Irgendwann müssen wir uns zurückziehen (den Browser schließen) und uns mit einem Ladekabel (einer unserer Energiequellen) verbinden. Logisch, oder? So können wir all die neuen Eindrücke in Ruhe verarbeiten und unseren Akku wieder aufladen.

Gleichzeitig sind Introvertierte auch ein wenig anders verdrahtet als Extrovertierte – um bei der Smartphone-Metapher zu bleiben. Wir haben nämlich buchstäblich eine längere Leitung. Unsere Nervenbahnen sind länger und die aufgenommenen Reize müssen einen weiteren Weg zurücklegen, um verarbeitet zu werden. Im Klartext: Es wird mehr Zeit für die Datenübertragung benötigt. Kein Wunder, dass wir manchmal etwas länger brauchen, um zu reagieren. Bei Extrovertierten sind die Wege kürzer und dadurch sind ihre Reaktionen schneller.

Introvertierte brauchen also 1. mehr Energie und 2. mehr Zeit für die Verarbeitung von Eindrücken als Extrovertierte.

3. Breite oder Tiefe
Egal, ob es um unsere sozialen Kontakte, Erfahrungen oder das Aneignen von Wissen geht – Introvertierte und Extrovertierte haben dabei unterschiedliche Vorlieben:

Introvertierte
• Mögen es vertraulich – sie tauschen sich am liebsten unter vier Augen oder mit einigen wenigen Menschen aus
• wollen eine Menge über das erfahren, was sie (oder andere) erleben – sie wollen dahinterblicken, die Innenwelt verstehen
• mögen Tiefe:
– weniger, aber dafür vertrauere Freundschaften
– weniger Erfahrungen, aber dafür jede ganz bewusst erleben und reflektieren
– weniger Themen, aber dafür die wichtigsten in der Tiefe verstehen

Extrovertierte
• mögen es gesellig – sie tauschen sich gerne mit mehreren Menschen gleichzeitig aus und genießen es, viele Leute um sich zu haben
• wollen eine Menge Erfahrungen machen
• mögen es breitgefächert:
– viele Freunde
– viele Erfahrungen
– viele Themen und über alle ein bisschen was sagen können

Diese Vorliebe für Tiefe bei Introvertierten wirkt sich übrigens auch auf den Inhalt von Gesprächen aus. Damit wir ein Gespräch als angenehm und energiegebend empfinden, muss der Inhalt bedeutend für uns sein. Meistens heißt das, über Konzepte, Meinungen und Ideen zu sprechen, statt über Klatsch & Tratsch. Wenn wir uns mit Freunden austauschen, sind die Eckdaten von dem, was gerade in ihrem Leben vorgeht (Oberfläche) für uns nicht so wichtig wie das, was sie über diese Geschehnisse denken und was dabei in ihrem Innern vorgeht (Tiefe).

Du hast einen neuen Job angefangen? Cool! Wie fühlst du dich damit? Was für einen Eindruck hast du von den neuen Kollegen? Was war bisher die größte Herausforderung für dich und warum?

Du hast am Wochenende zum ersten Mal deine potenziellen Schwiegereltern kennengelernt? Toll! Ist es so gelaufen, wie du es dir vorgestellt hast? Was war das für ein Gefühl für dich? Sind dir an ihnen irgendwelche Ähnlichkeiten zu deinem Partner aufgefallen?

Für introvertierte Menschen sind das die wirklich spannenden Dinge. Wir fühlen uns anderen Menschen nicht verbunden, nur weil wir gemeinsam Zeit verbringen (weil wir z. B. auf einer Party waren oder einen Sportkurs besucht haben). Wir fühlen uns anderen Menschen verbunden, wenn wir einen Teil ihrer Innenwelt kennengelernt haben – und uns bestenfalls selbst darin wiederfinden können.

4. Was uns motiviert (Risiko vs. Sicherheit)
Auch in Sachen Motivation gibt es große Unterschiede. Susan Cain beschreibt Introvertierte als sicherheitsorientiert und Extrovertierte als belohnungsorientiert.²

So sind äußere Anreize (z. B. Status oder Gewinn) für Extrovertierte besonders attraktiv. Introvertierte sprechen darauf weniger an. Sie wollen Risiken und Konflikte wegen ihres starken Sicherheitsbedürfnisses am liebsten ganz ausschließen können. Deshalb denken sie auch immer erst gründlich nach, bevor sie etwas sagen oder tun. Extrovertierte gehen dagegen eher Risiken ein, wenn die Aussicht auf Erfolg besteht. Dabei nehmen sie auch Konflikte oder undurchdachte Aktionen in Kauf.

Gerade wenn wir uns also mal aus unserer Komfortzone herauswagen, sollten wir Introvertierten auch an unser Sicherheitsbedürfnis denken. Wir müssen nicht wie Extrovertierte direkt mit Anlauf ins kalte Wasser springen. Wir dürfen uns selbst die Erlaubnis geben, Schritt für Schritt ins Wasser zu gehen. In unserem eigenen Tempo. Dann erreichen wir auch viel eher, was wir uns vorgenommen haben, als wenn wir uns selbst unnötig unter Druck setzen.

1 Vgl.: Löhken, Sylvia: Leise Menschen – starke Wirkung: Wie Sie Präsenz zeigen und Gehör finden. München/Berlin: Piper Verlag, 2. Aufl., 2016, S. 26-27
2 Vgl.: Cain, Susan: Still: Die Kraft der Introvertierten. München: Wilhelm Goldmann Verlag, 2013

KAPITEL 1.3

Die größten Unterschiede zwischen Introvertierten und Extrovertierten

Introvertierte sind still und zurückhaltend, Extrovertierte laut und kontaktfreudig? Das ist oft das Erste, was man von außen wahrnimmt. Wenn man aber genauer hinschaut, erkennt man, was Introvertierte und Extrovertierte wirklich voneinander unterscheidet (zum Beispiel was die Motivation angeht oder die Art und Weise, Eindrücke zu verarbeiten).

Das sind die vier wichtigsten Unterschiede:

1. Wie wir Energie bekommen
Introvertierte ziehen Energie aus dem Kontakt mit ihrer Innenwelt: ihren Gedanken, Gefühlen, Ideen und Eindrücken. Deshalb bevorzugen sie eine ruhige Umgebung, um ihre inneren Akkus wieder aufzuladen. Sie lesen vielleicht ein Buch, gehen spazieren, schauen ihre Lieblingsserie, schreiben Tagebuch, hängen einfach ihren Gedanken nach oder tauschen sich im Einzelgespräch mit guten Freunden aus.

Extrovertierte bekommen ihre Energie durch den Kontakt mit der Außenwelt: durch andere Menschen, Orte, Dinge oder Aktivitäten. Sie brauchen Reize von außen, um Energie zu tanken. Deshalb treffen sie sich gerne mit vielen Freunden oder gehen zu Veranstaltungen und anderen Aktivitäten, wo sie viele neue Eindrücke bekommen.

Was Introvertierte entspannt, stresst Extrovertierte – und umgekehrt.

2. Wie wir Eindrücke verarbeiten
Wusstest du, dass Introvertierte für die Verarbeitung von Eindrücken mehr Energie verbrauchen, als Extrovertierte? Silvia Löhken erklärt in ihrem Buch Leise Menschen, starke Wirkung, dass Introvertierte in einem Bereich ihres Gehirns (genauer gesagt: im frontalen Kortex) eine höhere elektrische Aktivität haben¹. Dieser Bereich ist für innere Vorgänge zuständig: für das Lernen, Erinnern, Entscheiden und Problemlösen.

Besonders interessant ist, dass diese hohe Aktivität bei uns selbst im entspannten Zustand anhält. Das heißt, dieser Energieaufwand ist ständig da – wie ein Programm, das automatisch im Hintergrund abläuft.

„Wenn die Leute mir sagen, ich wäre zu still, würde ich ihnen gerne einen Einblick in meinen Kopf geben. Denn da ist es in seltensten Fällen ruhig.“

In unseren Köpfen passiert also auch schon im entspannten Zustand eine Menge. Wenn dann von außen noch mehr Eindrücke dazukommen, erhöht sich dementsprechend auch der Energieaufwand.

Du kannst es dir so vorstellen, als ob unser Gehirn ein Smartphone wäre. Bei Introvertierten laufen auch im Ruhezustand schon einige Anwendungen. Und sobald wir mit der Außenwelt in Kontakt treten, öffnet sich der Internet-Browser. Es prasseln eine Menge neuer Eindrücke auf uns ein, die sich alle in einem neuen Tab öffnen. Je mehr Tabs es werden, umso mehr Energie (Arbeitsspeicher) müssen wir dafür aufwenden.

Manchmal werden es einfach zu viele Tabs und wir fühlen uns überfordert (der Arbeitsspeicher reicht nicht aus, um so viele Eindrücke auf einmal zu verarbeiten). Manchmal surfen wir aber auch einfach zu lange im Internet (der Außenwelt), sodass sich der Akku irgendwann dem Ende neigt. Dann gehen wir in den Energiesparmodus (wir driften ab, sind nicht mehr bei der Sache) oder schalten komplett ab.

Irgendwann müssen wir uns zurückziehen (den Browser schließen) und uns mit einem Ladekabel (einer unserer Energiequellen) verbinden. Logisch, oder? So können wir all die neuen Eindrücke in Ruhe verarbeiten und unseren Akku wieder aufladen.

Gleichzeitig sind Introvertierte auch ein wenig anders verdrahtet als Extrovertierte – um bei der Smartphone-Metapher zu bleiben. Wir haben nämlich buchstäblich eine längere Leitung. Unsere Nervenbahnen sind länger und die aufgenommenen Reize müssen einen weiteren Weg zurücklegen, um verarbeitet zu werden. Im Klartext: Es wird mehr Zeit für die Datenübertragung benötigt. Kein Wunder, dass wir manchmal etwas länger brauchen, um zu reagieren. Bei Extrovertierten sind die Wege kürzer und dadurch sind ihre Reaktionen schneller.

Introvertierte brauchen also 1. mehr Energie und 2. mehr Zeit für die Verarbeitung von Eindrücken als Extrovertierte.

3. Breite oder Tiefe
Egal, ob es um unsere sozialen Kontakte, Erfahrungen oder das Aneignen von Wissen geht – Introvertierte und Extrovertierte haben dabei unterschiedliche Vorlieben:

Introvertierte
• Mögen es vertraulich – sie tauschen sich am liebsten unter vier Augen oder mit einigen wenigen Menschen aus
• wollen eine Menge über das erfahren, was sie (oder andere) erleben – sie wollen dahinterblicken, die Innenwelt verstehen
• mögen Tiefe:
– weniger, aber dafür vertrauere Freundschaften
– weniger Erfahrungen, aber dafür jede ganz bewusst erleben und reflektieren
– weniger Themen, aber dafür die wichtigsten in der Tiefe verstehen

Extrovertierte
• mögen es gesellig – sie tauschen sich gerne mit mehreren Menschen gleichzeitig aus und genießen es, viele Leute um sich zu haben
• wollen eine Menge Erfahrungen machen
• mögen es breitgefächert:
– viele Freunde
– viele Erfahrungen
– viele Themen und über alle ein bisschen was sagen können

Diese Vorliebe für Tiefe bei Introvertierten wirkt sich übrigens auch auf den Inhalt von Gesprächen aus. Damit wir ein Gespräch als angenehm und energiegebend empfinden, muss der Inhalt bedeutend für uns sein. Meistens heißt das, über Konzepte, Meinungen und Ideen zu sprechen, statt über Klatsch & Tratsch. Wenn wir uns mit Freunden austauschen, sind die Eckdaten von dem, was gerade in ihrem Leben vorgeht (Oberfläche) für uns nicht so wichtig wie das, was sie über diese Geschehnisse denken und was dabei in ihrem Innern vorgeht (Tiefe).

Du hast einen neuen Job angefangen? Cool! Wie fühlst du dich damit? Was für einen Eindruck hast du von den neuen Kollegen? Was war bisher die größte Herausforderung für dich und warum?

Du hast am Wochenende zum ersten Mal deine potenziellen Schwiegereltern kennengelernt? Toll! Ist es so gelaufen, wie du es dir vorgestellt hast? Was war das für ein Gefühl für dich? Sind dir an ihnen irgendwelche Ähnlichkeiten zu deinem Partner aufgefallen?

Für introvertierte Menschen sind das die wirklich spannenden Dinge. Wir fühlen uns anderen Menschen nicht verbunden, nur weil wir gemeinsam Zeit verbringen (weil wir z. B. auf einer Party waren oder einen Sportkurs besucht haben). Wir fühlen uns anderen Menschen verbunden, wenn wir einen Teil ihrer Innenwelt kennengelernt haben – und uns bestenfalls selbst darin wiederfinden können.

4. Was uns motiviert (Risiko vs. Sicherheit)
Auch in Sachen Motivation gibt es große Unterschiede. Susan Cain beschreibt Introvertierte als sicherheitsorientiert und Extrovertierte als belohnungsorientiert.²

So sind äußere Anreize (z. B. Status oder Gewinn) für Extrovertierte besonders attraktiv. Introvertierte sprechen darauf weniger an. Sie wollen Risiken und Konflikte wegen ihres starken Sicherheitsbedürfnisses am liebsten ganz ausschließen können. Deshalb denken sie auch immer erst gründlich nach, bevor sie etwas sagen oder tun. Extrovertierte gehen dagegen eher Risiken ein, wenn die Aussicht auf Erfolg besteht. Dabei nehmen sie auch Konflikte oder undurchdachte Aktionen in Kauf.

Gerade wenn wir uns also mal aus unserer Komfortzone herauswagen, sollten wir Introvertierten auch an unser Sicherheitsbedürfnis denken. Wir müssen nicht wie Extrovertierte direkt mit Anlauf ins kalte Wasser springen. Wir dürfen uns selbst die Erlaubnis geben, Schritt für Schritt ins Wasser zu gehen. In unserem eigenen Tempo. Dann erreichen wir auch viel eher, was wir uns vorgenommen haben, als wenn wir uns selbst unnötig unter Druck setzen.

1 Vgl.: Löhken, Sylvia: Leise Menschen – starke Wirkung: Wie Sie Präsenz zeigen und Gehör finden. München/Berlin: Piper Verlag, 2. Aufl., 2016, S. 26-27
2 Vgl.: Cain, Susan: Still: Die Kraft der Introvertierten. München: Wilhelm Goldmann Verlag, 2013

KAPITEL 1.3

Die größten Unterschiede zwischen Introvertierten und Extrovertierten

Introvertierte sind still und zurückhaltend, Extrovertierte laut und kontaktfreudig? Das ist oft das Erste, was man von außen wahrnimmt. Wenn man aber genauer hinschaut, erkennt man, was Introvertierte und Extrovertierte wirklich voneinander unterscheidet (zum Beispiel was die Motivation angeht oder die Art und Weise, Eindrücke zu verarbeiten).

Das sind die vier wichtigsten Unterschiede:

1. Wie wir Energie bekommen
Introvertierte ziehen Energie aus dem Kontakt mit ihrer Innenwelt: ihren Gedanken, Gefühlen, Ideen und Eindrücken. Deshalb bevorzugen sie eine ruhige Umgebung, um ihre inneren Akkus wieder aufzuladen. Sie lesen vielleicht ein Buch, gehen spazieren, schauen ihre Lieblingsserie, schreiben Tagebuch, hängen einfach ihren Gedanken nach oder tauschen sich im Einzelgespräch mit guten Freunden aus.

Extrovertierte bekommen ihre Energie durch den Kontakt mit der Außenwelt: durch andere Menschen, Orte, Dinge oder Aktivitäten. Sie brauchen Reize von außen, um Energie zu tanken. Deshalb treffen sie sich gerne mit vielen Freunden oder gehen zu Veranstaltungen und anderen Aktivitäten, wo sie viele neue Eindrücke bekommen.

Was Introvertierte entspannt, stresst Extrovertierte – und umgekehrt.

2. Wie wir Eindrücke verarbeiten
Wusstest du, dass Introvertierte für die Verarbeitung von Eindrücken mehr Energie verbrauchen, als Extrovertierte? Silvia Löhken erklärt in ihrem Buch Leise Menschen, starke Wirkung, dass Introvertierte in einem Bereich ihres Gehirns (genauer gesagt: im frontalen Kortex) eine höhere elektrische Aktivität haben¹. Dieser Bereich ist für innere Vorgänge zuständig: für das Lernen, Erinnern, Entscheiden und Problemlösen.

Besonders interessant ist, dass diese hohe Aktivität bei uns selbst im entspannten Zustand anhält. Das heißt, dieser Energieaufwand ist ständig da – wie ein Programm, das automatisch im Hintergrund abläuft.

„Wenn die Leute mir sagen, ich wäre zu still, würde ich ihnen gerne einen Einblick in meinen Kopf geben. Denn da ist es in seltensten Fällen ruhig.“

In unseren Köpfen passiert also auch schon im entspannten Zustand eine Menge. Wenn dann von außen noch mehr Eindrücke dazukommen, erhöht sich dementsprechend auch der Energieaufwand.

Du kannst es dir so vorstellen, als ob unser Gehirn ein Smartphone wäre. Bei Introvertierten laufen auch im Ruhezustand schon einige Anwendungen. Und sobald wir mit der Außenwelt in Kontakt treten, öffnet sich der Internet-Browser. Es prasseln eine Menge neuer Eindrücke auf uns ein, die sich alle in einem neuen Tab öffnen. Je mehr Tabs es werden, umso mehr Energie (Arbeitsspeicher) müssen wir dafür aufwenden.

Manchmal werden es einfach zu viele Tabs und wir fühlen uns überfordert (der Arbeitsspeicher reicht nicht aus, um so viele Eindrücke auf einmal zu verarbeiten). Manchmal surfen wir aber auch einfach zu lange im Internet (der Außenwelt), sodass sich der Akku irgendwann dem Ende neigt. Dann gehen wir in den Energiesparmodus (wir driften ab, sind nicht mehr bei der Sache) oder schalten komplett ab.

Irgendwann müssen wir uns zurückziehen (den Browser schließen) und uns mit einem Ladekabel (einer unserer Energiequellen) verbinden. Logisch, oder? So können wir all die neuen Eindrücke in Ruhe verarbeiten und unseren Akku wieder aufladen.

Gleichzeitig sind Introvertierte auch ein wenig anders verdrahtet als Extrovertierte – um bei der Smartphone-Metapher zu bleiben. Wir haben nämlich buchstäblich eine längere Leitung. Unsere Nervenbahnen sind länger und die aufgenommenen Reize müssen einen weiteren Weg zurücklegen, um verarbeitet zu werden. Im Klartext: Es wird mehr Zeit für die Datenübertragung benötigt. Kein Wunder, dass wir manchmal etwas länger brauchen, um zu reagieren. Bei Extrovertierten sind die Wege kürzer und dadurch sind ihre Reaktionen schneller.

Introvertierte brauchen also 1. mehr Energie und 2. mehr Zeit für die Verarbeitung von Eindrücken als Extrovertierte.

3. Breite oder Tiefe
Egal, ob es um unsere sozialen Kontakte, Erfahrungen oder das Aneignen von Wissen geht – Introvertierte und Extrovertierte haben dabei unterschiedliche Vorlieben:

Introvertierte
• Mögen es vertraulich – sie tauschen sich am liebsten unter vier Augen oder mit einigen wenigen Menschen aus
• wollen eine Menge über das erfahren, was sie (oder andere) erleben – sie wollen dahinterblicken, die Innenwelt verstehen
• mögen Tiefe:
– weniger, aber dafür vertrauere Freundschaften
– weniger Erfahrungen, aber dafür jede ganz bewusst erleben und reflektieren
– weniger Themen, aber dafür die wichtigsten in der Tiefe verstehen

Extrovertierte
• mögen es gesellig – sie tauschen sich gerne mit mehreren Menschen gleichzeitig aus und genießen es, viele Leute um sich zu haben
• wollen eine Menge Erfahrungen machen
• mögen es breitgefächert:
– viele Freunde
– viele Erfahrungen
– viele Themen und über alle ein bisschen was sagen können

Diese Vorliebe für Tiefe bei Introvertierten wirkt sich übrigens auch auf den Inhalt von Gesprächen aus. Damit wir ein Gespräch als angenehm und energiegebend empfinden, muss der Inhalt bedeutend für uns sein. Meistens heißt das, über Konzepte, Meinungen und Ideen zu sprechen, statt über Klatsch & Tratsch. Wenn wir uns mit Freunden austauschen, sind die Eckdaten von dem, was gerade in ihrem Leben vorgeht (Oberfläche) für uns nicht so wichtig wie das, was sie über diese Geschehnisse denken und was dabei in ihrem Innern vorgeht (Tiefe).

Du hast einen neuen Job angefangen? Cool! Wie fühlst du dich damit? Was für einen Eindruck hast du von den neuen Kollegen? Was war bisher die größte Herausforderung für dich und warum?

Du hast am Wochenende zum ersten Mal deine potenziellen Schwiegereltern kennengelernt? Toll! Ist es so gelaufen, wie du es dir vorgestellt hast? Was war das für ein Gefühl für dich? Sind dir an ihnen irgendwelche Ähnlichkeiten zu deinem Partner aufgefallen?

Für introvertierte Menschen sind das die wirklich spannenden Dinge. Wir fühlen uns anderen Menschen nicht verbunden, nur weil wir gemeinsam Zeit verbringen (weil wir z. B. auf einer Party waren oder einen Sportkurs besucht haben). Wir fühlen uns anderen Menschen verbunden, wenn wir einen Teil ihrer Innenwelt kennengelernt haben – und uns bestenfalls selbst darin wiederfinden können.

4. Was uns motiviert (Risiko vs. Sicherheit)
Auch in Sachen Motivation gibt es große Unterschiede. Susan Cain beschreibt Introvertierte als sicherheitsorientiert und Extrovertierte als belohnungsorientiert.²

So sind äußere Anreize (z. B. Status oder Gewinn) für Extrovertierte besonders attraktiv. Introvertierte sprechen darauf weniger an. Sie wollen Risiken und Konflikte wegen ihres starken Sicherheitsbedürfnisses am liebsten ganz ausschließen können. Deshalb denken sie auch immer erst gründlich nach, bevor sie etwas sagen oder tun. Extrovertierte gehen dagegen eher Risiken ein, wenn die Aussicht auf Erfolg besteht. Dabei nehmen sie auch Konflikte oder undurchdachte Aktionen in Kauf.

Gerade wenn wir uns also mal aus unserer Komfortzone herauswagen, sollten wir Introvertierten auch an unser Sicherheitsbedürfnis denken. Wir müssen nicht wie Extrovertierte direkt mit Anlauf ins kalte Wasser springen. Wir dürfen uns selbst die Erlaubnis geben, Schritt für Schritt ins Wasser zu gehen. In unserem eigenen Tempo. Dann erreichen wir auch viel eher, was wir uns vorgenommen haben, als wenn wir uns selbst unnötig unter Druck setzen.

1 Vgl.: Löhken, Sylvia: Leise Menschen – starke Wirkung: Wie Sie Präsenz zeigen und Gehör finden. München/Berlin: Piper Verlag, 2. Aufl., 2016, S. 26-27
2 Vgl.: Cain, Susan: Still: Die Kraft der Introvertierten. München: Wilhelm Goldmann Verlag, 2013

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