Es ist so weit: Die Feiertage stehen vor der Tür! Zeit, um Familie und Freunde wiederzusehen, auf Partys ausgelassen zu feiern und wunderschöne Erinnerungen zu kreieren.

Doch so schön die Feiertage auch sind, für Introvertierte können die vielen sozialen Interaktionen auch ein bisschen kräftezehrend sein. Bei mir sieht es meistens so aus: An den Tagen davor und am ersten (und vielleicht noch zweiten) Feiertag freue ich mich riesig und alles ist gut. Aber wenn ich mir dann nicht auch wieder etwas Zeit für mich nehme, geht mir ganz schnell die Energie aus.

Damit auch du dieses Jahr kein Intro-Hangover bekommst, habe ich dir hier die besten Tipps für entspannte Feiertage zusammengestellt.

1. Beobachte dein Energie-Level

Wenn du weißt, welche Aktivitäten, dich Energie kosten und welche dir Energie geben, kannst du langfristig ganz bewusst für Entspannung sorgen.

Nimm dir für einige Augenblicke Zeit und denke an einige Situationen zurück, in denen du dich gestresst, müde oder ausgelaugt gefühlt hast. Kannst du dich erinnern, wodurch dein Energie-Level sich verändert hat? Notiere es dir.

Im nächsten Schritt denkst du an Situationen zurück, in denen du gut gelaunt und voller Energie warst. Kannst du dich erinnern, wodurch dieses Hochgefühl ausgelöst wurde?

Vielleicht stellst du fest, dass deine Energie bei Gesprächen mit mehr als 4 Personen schnell verloren geht, du im Zweiergespräch aber sehr lange ohne Energieverlust mit jemandem reden kannst. Oder du erkennst, dass du dich durch einen kleinen Spaziergang oder eine kurze Atemübung wieder komplett erholt fühlst.

Natürlich können wir an den Feiertagen z.B. den Gesprächen mit vielen Personen nicht immer aus dem Weg gehen. Aber wir können unsere Energie-Geber als Ausgleich einsetzen. Deshalb mache dir abschließend unbedingt eine Liste mit deinen wichtigsten Energie-Gebern und überlege dir, wie du diese an den Feiertagen für dich nutzen kannst.

2. Lade vorher deine Akkus auf

Bevor es zu den großen Familientreffen oder Partys geht, nimm dir unbedingt genug Zeit für dich, um deine Akkus aufzuladen. Ein paar Stunden mit einem guten Buch, Musik oder der Lieblingsserie – und schon werfen dich auch Aktivitäten, die dich sonst Unmengen an Energie kosten, nicht mehr ganz so leicht aus der Bahn.

3. Hilf anderen dabei, deine Introversion zu verstehen

Du hast dich mit deiner Introversion auseinandergesetzt, kennst deine Stärken und Schwächen und weißt, dass Introvertiertheit nicht besser oder schlechter ist als Extrovertiertheit? Das ist super! Nur leider kennen die meisten Menschen nicht einmal den Unterschied zwischen Introversion und Schüchternheit.

Wir können also nicht erwarten, dass unsere Freunde und Familienmitglieder einfach so verstehen, warum wir plötzlich Grenzen ziehen, wo vorher keine waren. Oder warum wir plötzlich ein Bedürfnis äußern, das für sie vorher nicht existent war. Auch bei neuen Bekannten stoßen die Bedürfnisse von Introvertierten leider oft auf Unverständnis.

Deshalb kann es hilfreich sein, Familienmitgliedern, Freunden und neuen Bekanntschaften im Zweiergespräch ein bisschen was über Introversion zu erzählen. So vermeiden wir Konflikte und geben ihnen die Chance, uns besser zu verstehen.

4. Bereite dich auf Gespräche vor

Die meisten Fragen von Verwandten und Freunden oder neuen Bekanntschaften sind oft vorhersehbar („Wie läuft die Schule/das Studium/der Job?“/„Was gibt es sonst so Neues bei dir?“/„Was machst du beruflich/in deiner Freizeit?“), sodass du dich gut darauf vorbereiten und dir schon jetzt ein paar gute Antworten zurechtlegen kannst. Damit kommst du gar nicht erst in Ich-weiß-nicht-was-ich-sagen-soll-Situationen, falls dir jemand eine Frage stellt.

Überlege dir auch ein paar Gesprächsthemen, über die du selbst gern sprechen möchtest: Beispielsweise das gute Buch, das du gerade gelesen hast, das Seminar, das du besucht hast oder das coole Urlaubsziel, das du dir für’s nächste Jahr ausgesucht hast.

5. Stelle offene Fragen

Introvertierte sind gute Zuhörer, aber spontane Gespräche fallen uns oft nicht ganz so leicht. Mit offenen Fragen kannst du andere zum Reden bringen und deine Stärke als Zuhörer nutzen (offene Fragen sind Fragen, auf die man nicht mit Ja oder Nein antworten kann).
Lege dir am besten ein paar davon im Vorfeld zurecht, z.B.: „Was ist für dich der beste Teil deines Jobs?“, „Wie habt ihr euch kennengelernt?“ oder „Woran hast du in den letzten Wochen gearbeitet?“ So kannst du die anderen erzählen lassen, ein paar Folge-Fragen stellen und dich entspannt zurücklehnen.

6. Wenn du gar nicht mehr weißt, was du sagen sollst

Keine Sorge, das passiert jedem mal! Eine einfache Möglichkeit, um deinem Gegenüber zu zeigen, dass du aufmerksam zuhörst und ihn zum Reden zu bringen: Wiederhole in eigenen Worten, was er als Letztes gesagt hat.
Das mag sich für dich vielleicht komisch anhören, aber es funktioniert. Meistens knüpft derjenige wieder an deine (wiederholten) Worte an und das Gespräch geht weiter, sodass du etwas mehr Zeit hast, selbst wieder etwas zum Gespräch beizutragen.

Beispiel:
„Wie war der Film, den du dir gestern angesehen hast?“
„Gut.“
„Gut?“
„Ja, die Handlung war zwar etwas vorhersehbar, aber die Effekte und die Musik waren echt gut.“
„Die Handlung war für dich vorhersehbar?“
„Naja, es war schon von Anfang an klar, dass…“

7. Gönne dir kurze Pausen

Der Monolog deines Gesprächspartners findet einfach kein Ende? Du merkst, wie dein Energielevel sinkt und du dich zunehmend müde oder gestresst fühlst? Mit einer simplen Entschuldigung, dass du dir noch etwas zu trinken holen willst oder du kurz ins Bad musst (auch, wenn du vielleicht gerade gar nicht musst), kannst du dir ein paar wertvolle Augenblicke für dich allein verschaffen und deine Akkus wieder etwas aufladen.

Auch wichtig: Plane Treffen mit Familie und Freunden wenn möglich so, dass du zwischendurch auch immer mal wieder etwas Zeit für dich hast, statt z.B. 4 Tage lang durchgehend volles Programm zu haben.

8. Gib dir selbst die Erlaubnis, auch mal „Nein“ zu sagen

Ich weiß, das ist unglaublich schwer, weil wir niemanden vor den Kopf stoßen möchten und es am liebsten immer allen recht machen wollen. Das liegt an unserer tief verwurzelten Angst vor Ablehnung.
Gleichzeitig ist es aber für unser Selbstwertgefühl enorm wichtig, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten und wenn nötig Grenzen zu ziehen. Mach dir bewusst: Genauso wie dein Gegenüber das Recht hat, zu fragen, hast du auch das Recht, Nein zu sagen. Wenn dann jemand ein Problem damit hat, dass du seine Bitte abschlägst, war es im Grunde keine Bitte, sondern eine Erwartung. Und die ist oftmals völlig fehl am Platz.

9. Habe immer einen guten Grund

Egal, ob du zu einer Party oder einem Familientreffen gehst, versuche deinem Handeln ein Ziel zu geben. Oftmals geraten wir Introvertierten ins Straucheln, weil wir nicht genau wissen, was wir machen sollen (was soll ich als nächstes sagen? Was soll ich mit meinen Händen machen, während ich hier herumstehe?) oder, weil wir nur zu Partys gehen, weil es von uns erwartet wird (nicht schwer, vorauszusagen wie wir uns dann wohl dabei fühlen werden, oder?).

Wenn wir uns aber vorher überlegen, mit welcher Absicht wir dorthin gehen, haben wir etwas, woran wir uns orientieren können. Das hilft uns dabei, einen klaren Fokus zu bewahren und uns besser mit anderen Menschen zu verbinden.
Ein Ziel könnte z. B. sein, mit mindestens 4 Personen zu sprechen, um deine Kommunikations-Fähigkeiten auszubauen. Oder du nutzt es, um zu üben, trotz all der äußeren Eindrücke bei dir zu bleiben. Was immer du tust, tu es mit Absicht!

Auf geht’s in die entspannten Feiertage

Diese Schritte können dir natürlich keine Garantie für total entspannte Feiertage geben. Aber sie können dir die Sicherheit verleihen, selbst die Kontrolle über dein Leben zu haben und dich nicht mehr von äußeren Umständen hin- und her schubsen zu lassen.