Jetzt mal Hand auf’s Herz: Liest, schaust oder hörst du auch so gerne Geschichten wie ich?

Gestern war Welttag des Buches und für mich damit Anlass genug, mich mit meiner Liebe zu Büchern auseinanderzusetzen. Viele introvertierte Menschen lesen gerne und jeder von uns hat das ein oder andere Lieblingsgenre. Ich zum Beispiel stehe total auf Liebesgeschichten.

Ich muss allerdings gestehen, dass sich mein Lesegeschmack in den letzten Jahren extrem verändert hat – und das aus einem ganz bestimmten Grund: Persönlichkeitsentwicklung.

Hätte mir damals jemand gesagt, dass mein neu gewonnenes Selbstbewusstsein meine Sicht auf romantische Liebesgeschichten komplett verändern würde, hätte ich mich vielleicht noch etwas länger dagegen gesträubt.
Trotzdem würde ich diesen Schritt zu mehr Selbstbewusstsein immer wieder gehen. Warum? Weil es mir ein nie gekanntes Freiheitsgefühl geschenkt hat, auch in Sachen Liebe im realen Leben. Und weil ich natürlich trotzdem noch auf Liebesgeschichten abfahre – nur eben auf andere Art.

Von welchen anderen Liebesgeschichten ich spreche und wie genau sich meine Perspektive verändert hat, erfährst du, wenn du weiterliest.

Wie meine Persönlichkeitsentwicklung mir viele Liebesgeschichten ruiniert hat

Liebesgeschichten haben mich schon immer emotional mitgenommen. Ich liebe es, mitzuverfolgen, wie sich die Spannung zwischen den beiden Charakteren langsam aufbaut, wie sich immer näher kommen, aber doch irgendetwas zwischen ihnen steht und damit ihre Liebe gefährdet – aber sie am Ende natürlich doch noch (endlich!) zusammenfinden.

Liebesgeschichten finden wir natürlich nicht nur in Büchern, sondern auch in Gedichten, Songs, Filmen oder Serien.

Und sehr häufig finden sich in solchen Liebesgeschichten zwei „Seelenverwandte“. Sie treffen sich, spüren eine magnetische Anziehungskraft und kommen zusammen. Sie glauben: Endlich habe ich den Richtigen oder die Richtige gefunden.
Im Laufe ihrer Geschichte gibt es dann eine Menge Herausforderungen (die natürlich normal sind), aber auch viel Drama und Eifersucht. Die Charaktere machen sich (in oft extrem kurzer Zeit) emotional voneinander abhängig und erwarten, dass diese andere Person sie fortan glücklich macht. Und wenn einer den anderen (aus welchem dramatischen Grund auch immer) verlässt, bricht für denjenigen eine Welt zusammen.

Aus heutiger Sicht finde ich diese Liebesgeschichten aus zwei Gründen problematisch:

Mein Problem mit bestimmten Liebesgeschichten

1. Ich glaube nicht (mehr) daran, dass es für jeden nur den einen richtigen Partner gibt
Dieses Konzept fand ich früher wunderbar magisch und romantisch, heute kollidiert es mit meiner Vorstellung von Entscheidungsfreiheit. Ich glaube eher, dass es viele potenziell passende Partner gibt und wir sie mit unserer Entscheidung zu dem (oder der) Einen machen.

2. Eifersucht und (emotionale) Abhängigkeit werden dort oft als Ausdruck von Liebe beschrieben
Für mich hat das nichts mit Liebe zu tun, sondern vielmehr mit der eigenen Unsicherheit. Wenn wir unseren eigenen Wert (noch) nicht kennen, suchen wir nämlich oft nach der Bestätigung durch andere Personen.

Erst vor Kurzem hat mir eine Freundin einen Lovesong vorgespielt, den sie textlich besonders schön fand. In diesem Song ging es darum, dass die Liebende in der Dunkelheit versinken würde, sobald ihr Liebster sie verlässt. Dass sie auf ewig allein wäre und nie wieder aus der Dunkelheit herauskommen könnte.

Mein erster Gedanke: Wie gruselig!
Und mein zweiter Gedanke: Hm, vor ein paar Jahren hätte ich das auch noch total romantisch gefunden …

Das hat mir erst bewusst gemacht, wie sehr sich durch meine persönliche Weiterentwicklung auch meine Sicht auf die Liebe und Romantik in den letzten Jahren verändert hat.

Der Romantiker sagt: Irgendwo da draußen gibt es den Einen/die Eine, wir müssen ihn bzw. sie nur finden.

Der Realist sagt: Da muss ja nur eine Person die falsche Wahl treffen – und schon geht’s für alle nicht mehr auf!

Es geht auch anders: Von unsicher zu sicher

Bei unsicherer Liebe dreht sich das ganze Leben nur um den Partner. Was macht er gerade? Und mit wem? Liebt er mich heute immer noch so wie gestern?
Nur unser Partner kann uns die Sicherheit geben, nach der wir uns so sehr sehnen. Nur er (oder sie) kann uns glücklich machen. Und wir wünschen uns, dass er für immer bei uns bleibt. Wir sind unsicher, zweifeln an uns selbst und können gar nicht fassen, dass wir so viel Glück haben konnten, von unserem Partner „erwählt“ worden zu sein. Und genau deshalb haben wir auch so viel Angst, dass sich das schon morgen wieder ändern könnte.

Es kommen im Grunde zwei Bettler zusammen, die beide etwas voneinander haben wollen. Etwas, das sie in sich selbst bisher nicht finden konnten – und nun erwarten, es vom anderen zu erhalten.

In der Bindungstheorie würde man von einer unsicheren Bindung sprechen.

Bei sicherer Liebe ist das anders: Hier kommen zwei innerlich reiche Menschen zusammen, die einander etwas geben wollen. Sie haben beide ihr Glück in sich selbst gefunden – und teilen es miteinander. Sie erwarten nicht, dass der jeweils andere sie glücklich macht, und nehmen dadurch eine Menge Druck aus der Beziehung.
Sie wissen, dass beide jeden Tag die Möglichkeit hätten, getrennte Wege zu gehen. Aber solange sie glücklich miteinander sind, entscheiden sie sich jeden Tag aufs Neue füreinander. Nicht aus Angst, Mangel oder Abhängigkeit heraus, sondern aus Liebe. (Ein Beispiel für sichere Bindung.)

Natürlich tut es trotzdem noch weh, wenn eine Beziehung in die Brüche geht. Aber es bricht nicht mehr die gesamte Welt zusammen, weil wir unseren eigenen Wert kennen und wissen: Wir können uns jederzeit etwas Neues aufbauen.

Unsichere Liebe: Ich brauche dich, ich kann nicht ohne dich leben. Wenn du mich verlässt, werde ich nie wieder glücklich sein!

Sichere Liebe: Ich brauche dich nicht. Ich kann auch gut ohne dich leben – ich will es nur nicht.

Sichere Bindung – unsichere Bindung: Die Bindungstheorie

Diese beiden Ausprägungen (sicher – unsicher) finden wir auch in der Bindungstheorie nach John Bowlby, Mary Ainsworth und James Robertson. Die beiden Psychoanalytiker und die Psychologin haben untersucht, wie wir zwischenmenschliche Beziehungen aufbauen. Dabei haben sie festgestellt, dass es vor allem auf die Bindung ankommt, die wir als Kinder zu unseren Bezugspersonen hatten. Die Art dieser Beziehungen hat einen entscheidenden Einfluss darauf, wie wir uns in späteren sozialen Beziehungen verhalten: sicher oder unsicher.

Zwar entwickelt sich der individuelle Bindungstyp je nach Erfahrung in der Kindheit, aber das heißt nicht, dass wir im Erwachsenenalter keinen Einfluss mehr darauf haben. Bis vor ein paar Jahren gehörte ich definitiv noch zum Typ unsichere Bindung, heute bin ich eher auf der sicheren Seite.

Und das hat Auswirkungen auf meinen Geschmack bei Liebesgeschichten.

Was mir heute bei Liebesgeschichten wichtig ist

Für einige mag das unromantisch klingen, für mich war es aber der Einstieg in eine völlig neue Welt und eine andere Art von Liebesgeschichten.

Wenn ich heute Zeilen aus Songtexten höre wie: „The best part of me is you“ (Der beste Teil von mir bist du), dann schlägt mittlerweile meine innere Selbstliebe-Polizei Alarm und fragt: Ernsthaft? Warum kann ich denn nicht meine eigenen Facetten wertschätzen UND gleichzeitig auch die von anderen? Warum muss ich den anderen immer auf einen Podest stellen und mich damit selbst klein machen?

Natürlich hat sich nichts daran geändert, dass ich gerne in die bewegende, romantische und teilweise auch dramatische Geschichte eines Liebespaares abtauche.

Was mir aber heute bei Liebesgeschichten wichtig ist? Dass sich die Hauptfiguren entwickeln – und zwar auch, was ihre Liebe betrifft. Natürlich dürfen sie anfangs noch unsicher sein und ihren eigenen Wert anzweifeln. Es muss ja auch Potenzial für Entwicklung da sein. Aber ich liebe es, wenn die Protagonisten mir dann zeigen, dass es auch anders geht. Dass sie ihre Liebe ausdrücken können, ohne den anderen auf ein Podest zu heben. Ohne sich selbst klein oder abhängig zu machen. Dass sie beide innerlich stark sein können und dass diese Stärke ganz besonders anziehend wirkt.

Damit du weißt, was ich meine, hier ein paar Beispiele dafür:

Meine Lieblingsbeispiele für eine andere Art von Liebesgeschichten

Buch: P.S. Ich liebe dich – Cecilia Ahern (Eine sehr emotionale Geschichte über zwei Liebende, die sich gefunden hatten und viel zu früh voneinander getrennt werden. Als Jerry unerwartet an einem Gehirntumor stirbt, bricht für Holly eine Welt zusammen. Doch dann erhält sie ein Jahr lang jeden Monat einen Brief von Jerry, in denen er ihr Aufgaben stellt, die sie ins Leben zurückholen sollen. Sie geht aus ihrer Komfortzone, gewinnt Selbstvertrauen und entdeckt, dass ihr Lebensglück nicht von einem einzigen Menschen abhängt, sondern sie es selbst in der Hand hat.)

Song: Grow as we Go – Ben Platt (Meine Lieblingszeilen: „If to change is what you need, You can change right next to me, When you’re high, I’ll take the lows, You can ebb and I can flow, And we’ll take it slow, And grow as we go“. Ein Song darüber, dass eine Beziehung nicht ständig gleich bleibt – das aber kein Grund sein muss, sich zu trennen, sondern dass man auch gemeinsam wachsen und durch die verschiedenen Phasen gehen kann.)

Film: Die nackte Wahrheit (Katherine Heigl spielt eine verunsicherte junge Frau, die ein genaues Bild von ihrem Traummann hat und als sie diesen sogar tatsächlich trifft, alles daran setzt, ihn für sich zu gewinnen. Aus ihrer Unsicherheit heraus, tut sie Dinge, die gar nicht zu ihr passen und baut so (mit Hilfe ihres TV-Kollegen, gespielt von Gerard Butler) eine Fake Persönlichkeit auf, in die ihr Traumprinz sich verliebt. Am Ende erkennt sie, dass es ihr nichts bringt, mit diesem Traummann zusammen zu sein, wenn er nicht auch ihr wahres ICH liebt. Sie zeigt innere Stärke, indem sie ihn verlässt und neue Standards für sich und ihr Liebesleben setzt. Dabei erkennt sie, dass es schon jemanden gibt, der viel besser zu ihr passt …)

Serie: The Vampire Diaries (Caroline war zu Anfang ein Charakter, den ich so gar nicht mochte, weil sie mir mit ihrer Eifersucht, Unsicherheit und Kontrollsucht auf die Nerven gegangen ist. Aber im Laufe der Zeit hat sie sich zu einer starken Persönlichkeit entwickelt, die sogar den Urvampir Klaus im Griff hat.)

Sag mir in den Kommentaren gern: Welche Art von Geschichten findest du besonders spannend? Und falls du auch so ein Fan von Liebesgeschichten bist: Was sind deine Favoriten (egal ob Bücher, Serien, Filme oder Songs)?

Ich bin gespannt auf dein Feedback!