Hast du dich auch schon mal gefragt, wie manche Menschen trotz Krisen total selbstsicher bleiben können? Wie sie es schaffen, wie ein Fels in der Brandung zu stehen, obwohl um sie herum ein heftiger Sturm tobt, der auch in ihrem Alltag große Wellen schlägt?

Gerade in unserer aktuellen Situation ist diese Fähigkeit Gold wert.

Viele äußere Faktoren, die bisher unseren normalen Alltag bestimmt haben, fallen weg. Freunde treffen, ins Kino gehen, gemeinsame Sportkurse und andere Hobbys, müssen bis auf Weiteres ausgesetzt (oder angepasst) werden. „Sichere“ Jobs sind auf einmal gar nicht mehr so sicher und viele Menschen müssen um ihr Einkommen oder gar um Familienmitglieder bangen. Es sind Zeiten, die uns innerlich aufwühlen, weil niemand wirklich weiß, wie es weitergeht.

Wenn uns so eine Krise aus der Bahn wirft, suchen wir instinktiv nach etwas, das uns Halt und Sicherheit gibt.

Aber was können wir tun, wenn wir diese Sicherheit nicht mehr wie gewohnt im Außen finden? Die Antwort ist einfach und fällt vielen von uns (auch uns Introvertierten) doch so schwer: nach innen gehen. Denn in solchen Zeiten ist es vor allem unsere innere Stärke, mit der wir uns (und anderen) den nötigen Halt geben können.

Was dir in jeder Krise hilft, ist innere Stärke.

Warum es manchmal sogar Introvertierten schwerfällt, nach innen zu gehen

Du fragst dich jetzt vielleicht: Wieso sollten ausgerechnet introvertierte Menschen Probleme damit haben, nach innen zu gehen? Wir sind es doch schließlich gewohnt, uns häufig zurückzuziehen, um wieder Kraft zu tanken.

Das stimmt. Es kommt allerdings immer darauf an, ob wir uns dabei wirklich bewusst mit unserer Innenwelt auseinandersetzen oder uns z. B. mit Grübeleien, Social Media, Spielen, Filmen oder Büchern davon ablenken. Denn auf diese Weise vertiefen wir uns in die Geschichten anderer Personen, statt uns mit unseren eigenen zu beschäftigen.

Auch das Grübeln über eine Situation bringt uns zwar in unsere Innenwelt (Warum hat Person XY das gesagt? Was könnte sie damit gemeint haben? Hätte ich vielleicht anders reagieren sollen? Was wäre, wenn …?), oftmals bleiben wir dann aber nur bei den logischen Aspekten, statt auch bewusst auf die Gefühlsebene zu gehen.

Wenn wir unsere Gefühle und Bedürfnisse im Alltag oft verdrängen, entsteht schnell eine Gewohnheit daraus. Wir spüren vielleicht, dass unsere Innenwelt nach Aufmerksamkeit verlangt, aber haben gleichzeitig Angst vor dem, was dort auf uns wartet.

Erwarte also nicht, dass es dir automatisch leicht fällt, deine Innenwelt zu erkunden, nur weil du introvertiert bist. Wenn wir unsere Gefühle und die Verbindung zu uns selbst lange Zeit ignoriert haben, kann das auch für introvertierte Menschen erstmal ungewohnt oder unangenehm sein. In der Stille kommen kritische Gedanken an die Oberfläche und mit ihnen auch die Gefühle, denen wir vielleicht lieber aus dem Weg gehen würden. Aber je öfter du dort Zeit verbringst und deine Gefühle zulässt, desto leichter wird es. Und je mehr du dich mit deiner Innenwelt vertraut machst, umso stärker wirst du dich fühlen.

➳ Die 5 Faktoren für mehr innere Stärke

Sich innerlich stark zu fühlen, hat viel mit Selbstbewusstsein (sich seiner Selbst bewusst sein) zu tun. Und deshalb führt der Weg zu innerer Stärke auch geradewegs durch deine Innenwelt. Du musst den Mut haben, dort einzutauchen und durch die tiefen, manchmal düsteren Gewässer zu schwimmen. Aber ich kann dir sagen, es lohnt sich! Denn dort warten ungeahnte Schätze auf dich, die dein Leben in jeder Hinsicht bereichern werden.

Wenn du bis hierhin gelesen hast, möchtest du bestimmt auch direkt damit anfangen, dir mehr innere Stärke aufzubauen. Wie du damit am besten starten kannst, verrate ich dir im nächsten Abschnitt: mit den 5 Faktoren für innere Stärke (und passenden Übungen dazu).

1. Unsicherheiten akzeptieren

Wie gut kannst du mit den Unsicherheiten des Lebens umgehen? Das Leben wird uns immer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontieren – und das ist auch gut so, denn sonst könnten wir uns nicht weiterentwickeln.
Menschen mit innerer Stärke akzeptieren das. Sie kämpfen nicht dagegen oder jammern über ihre Situation, sondern passen sich den veränderten Lebenssituationen an. Sie wissen: Das Entscheidende ist immer ihre Reaktion darauf. Und sie vertrauen darauf, dass sie immer einen Weg finden, mit der Situation umzugehen.

Lösungsorientiert statt problemorientiert denken: Natürlich gibt es keine Garantie, dass wir mit einer optimistischen Lebenseinstellung immer an unser Ziel gelangen. Aber wir nehmen viel eher die Möglichkeiten wahr, die wir haben – die wir sonst, vor lauter Wut, Angst oder Unsicherheit, gar nicht sehen würden.

Wenn ein Problem auftaucht, ist es vollkommen okay, erstmal die Gefühle bewusst wahrzunehmen, die dadurch auftauchen. Wichtig ist nur, auch den nächsten Schritt zu gehen und nach einer Lösung zu suchen. Schau dir die verschiedenen Möglichkeiten an, die du hast, wäge die jeweiligen Risiken und Chancen gegeneinander ab und dann triff eine Entscheidung. So verwandelst du Probleme in Chancen.

Übung: Krisenkompetenz erkennen

Welche kleineren oder größeren Krisen hast du in deinem Leben schon gemeistert? Stell dir vor, ein Freund oder eine Freundin fragt dich zu genau so einer Krise um Rat – wie würdest du dein Erfolgsrezept beschreiben? Was hast du aus diesen Krisen gelernt, was du sonst heute nicht (so gut) könntest? Wobei können diese Fähigkeiten dir helfen?

2. Achtsam durch den Alltag

Wie oft erlebst du im Alltag kleine schöne Momente, die genauso schnell in Vergessenheit geraten, wie sie gekommen sind?

Menschen mit innerer Stärke erleben nicht weniger herausfordernde Situationen als andere. Der Unterschied ist, dass sie die positiven Momente ganz bewusst wahrnehmen – damit sie in schwierigen Situationen daraus Kraft schöpfen können.

Übung: Ein Glas voll Glück

Nimm dir ein großes Glas, das du verschließen kannst. Du kannst es beschriften, verzieren und gestalten, wie es dir gefällt. (Falls du kein Glas zur Hand hast, kannst du auch eine Box nehmen.)
Jedes Mal, wenn du dich glücklich fühlst, schreibst du den Grund dafür und das Datum auf einen kleinen Zettel und tust ihn in das Glas (oder die Box). Falls du gerade keinen Zettel und Stift zur Hand hast, mach dir eine Handynotiz und trag es später nach.

Anregungen: Das können so kleine Dinge wie die Sonne sein, die du beim Spaziergang kurz gesehen hast, ein toller Song, den du gehört hast, eine Szene in einem Film, die dich berührt hat, ein leckeres Essen oder das Gespräch mit einer guten Freundin. Du kannst auch gleichzeitig deine kleinen und großen Erfolge notieren („Ich hab es geschafft, einen Handstand zu machen“ oder „In der Mittagspause mit zwei Kollegen gequatscht“).

Mit der Zeit füllt sich dein Glücksglas immer weiter – und wenn dann mal ein Moment kommt, in dem es dir nicht so gut geht, kannst du das Glas öffnen und dich mit jedem Zettel an die einzelnen Glücksmomente erinnern.

3. Positive Selbstwahrnehmung

Ein entscheidender Faktor für innere Stärke ist unser Selbstbild. Je mehr wir lernen, uns selbst positiv wahrzunehmen, umso mehr steigt auch unsere Selbstwertschätzung.

Übung: Deine Stärken

Welche drei Eigenschaften gefallen dir an dir selbst besonders gut? Kennst du deine Stärken und Fähigkeiten? In welchen Situationen können sie für dich oder andere nützlich sein?

Übrigens sind auch deine Schwächen hier ein wichtiger Faktor. Sie machen dich menschlich – und helfen dabei, Verbindungen zu anderen Menschen aufzubauen.
Keiner von uns ist perfekt und jeder kennt seine eigenen „Fehler“ oder Schwächen nur zu gut. Meistens versuchen wir allerdings, sie zu verstecken, um nicht bloßgestellt zu werden. Wir wollen möglichst perfekt sein, damit andere uns mögen.
Bei anderen Menschen dagegen nehmen wir solche „Fehler“ und Macken oft gar nicht so genau wahr oder finden sie sogar sympathisch. Sie gehören irgendwie zu diesen Menschen dazu und machen sie besonders. Und das Gleiche gilt auch für uns. Es sind genau diese unvollkommenen Seiten, die uns sympathisch machen. Wir zeigen anderen Menschen damit, dass wir auch nur Menschen sind, dass wir Fehler haben – und dass wir auf die eine oder andere Weise genauso sind wie sie.

Übung: Deine Schwächen

Was sind deine Schwächen oder Eigenschaften, die du an dir nicht magst? Überlege dir, wie du sie positiv umdeuten kannst. Bieten sie dir in einigen Situationen vielleicht einen entscheidenden Vorteil?

Extra Tipp: Falls dir das schwerfällt, stell dir vor, eine berühmte Person hätte genau diese Eigenschaft. Warum würden ihre Fans sie dafür lieben?

4. Verantwortung übernehmen

Wir sind verantwortlich dafür, wie sich die Geschichte unseres Lebens entwickelt. Zwar gibt es im Leben immer wieder unerwartete Herausforderungen, aber wie wir damit umgehen, das liegt ganz bei uns.
Wir alle schreiben jeden Tag das Drehbuch unseres Lebens. Wir haben den Stift in der Hand, denn wir haben die Macht über das, was wir denken, sagen und tun (oder nicht tun).

Was, wenn dann etwas in unserem Leben nicht so läuft, wie geplant?

Natürlich ist es leicht, anderen die Schuld dafür zu geben, dass wir nicht an dem Punkt sind, an dem wir gerne wären. So ist jemand anderes verantwortlich und wir bekommen in der Opferrolle eine Menge Mitleid und Aufmerksamkeit. Blöd nur, dass wir es dann verpassen, die Heldenrolle zu spielen – und damit nicht in den Genuss kommen, uns mutig unseren Herausforderungen zu stellen und voller Stolz auf unsere Erfolge zurückzublicken.

Menschen mit innerer Stärke wissen, dass es sie nicht weiterbringt, nach einem Schuldigen zu suchen. Stattdessen suchen sie nach Möglichkeiten, um auch mit schlechten Karten an ihr Ziel zu gelangen.
Ein toller Nebeneffekt: Wenn wir die Verantwortung für unser Scheitern übernehmen, fühlen wir uns auch sehr viel mehr für unsere Erfolge verantwortlich – und unser Selbstvertrauen wächst.

Du hast vielleicht keinen Einfluss darauf, welche Karten dir zu Beginn oder während des Lebensspiels ausgeteilt werden. Aber du hast es selbst in der Hand, wie du diese Karten im Laufe deines Lebens einsetzt.

Übung: Verantwortung übernehmen

Wo in deinem Leben gibst du die Verantwortung an andere ab? Wo glaubst du, etwas nicht geschafft zu haben, weil andere Menschen dir im Weg standen?
Sind es vielleicht deine Eltern, die dich nicht deinen Weg gehen lassen wollten? Ist es ein Lehrer, der dir den Spaß an einem Schulfach genommen hat? Ein Freund/eine Freundin, der/die dich emotional unter Druck gesetzt und dich damit bei einer wichtigen Entscheidung beeinflusst hat?

Beobachte einfach mal, wann du jemand anderem die Schuld gibst – und überlege dir, wofür du selbst die Verantwortung übernehmen kannst.

5. Fehler lieben lernen

Es kommt natürlich nicht nur darauf an, die Verantwortung für unser Scheitern zu übernehmen. Auch die Art und Weise, wie wir damit umgehen, hat großen Einfluss auf unsere Selbstsicherheit. Wenn wir es nämlich schaffen, auch in den negativen Momenten das Gute zu sehen, verlieren sie die Macht über uns.

Jeder Fehlschlag sagt uns letztlich nur: So funktioniert es nicht. Und enthält damit auch einen Hinweis darauf, wie es am Ende doch funktionieren kann. So können wir uns schrittweise dem Erfolg nähern, indem wir unsere Strategie immer wieder anpassen. Wir finden viele mögliche Wege, wie es nicht funktioniert – um irgendwann einen zu finden, der funktioniert.

Unsere Fehlschläge bilden damit die Basis für unseren nächsten großen Erfolg. Sie sind wichtig, weil wir aus ihnen eine Menge lernen können.

Übung: Fehler lieben lernen

Schau dir Situationen aus deiner Vergangenheit an, die du gerne verändern würdest. Momente, bei denen du im Nachhinein gerne anders gehandelt hättest.
Kannst du dir vorstellen, dass du (von deinem bisherigen Kenntnisstand ausgehend) immer dein Bestes gegeben hast? Selbst, wenn dir ein paar Minuten später eine bessere Reaktion eingefallen ist, hast du es in dem Moment immer noch so gut gemacht, wie du konntest. Denn diesen neuen Gedanken hattest du zu dem Zeitpunkt vor zwei Minuten noch nicht, also konntest du in dem Moment noch nicht besser machen. Und selbst, wenn du zwar den Gedanken schon hattest, aber deine Angst dich noch an der Umsetzung gehindert hat, hast du es immer noch so gut gemacht, wie du es (mit deiner Angst) konntest.

Allein die Tatsache, dass du im Nachhinein gerne etwas anders gemacht hättest, zeigt dir schon, dass du etwas daraus gelernt hast. Und das macht solche Fehler-Situationen besonders wertvoll.

Extra-Tipp: Wenn du dich in der aktuellen Situation unsicher fühlst, erinnere dich daran…

  • Deine Kraft liegt in dem, was du denkst, was du sagst und was du tust. Darin, Entscheidungen zu treffen, die gut für deine und die Gesundheit anderer Menschen sind.
  • Deine Kraft liegt darin, dich zwar über die wichtigsten aktuellen Geschehnisse zu informieren, aber dich nicht von der Informationsflut überwältigen zu lassen.
  • Deine Kraft liegt darin, all deine Gefühle da sein zu lassen und auch die Ängste von anderen nicht herunterzuspielen, sondern sie liebevoll anzunehmen.
  • Deine Kraft liegt darin, das Beste zu tun, was du kannst, um deine Sicherheit zu gewährleisten – und andere ebenfalls dabei zu unterstützen.
  • Deine Kraft liegt auch in so etwas Simplem, wie deine Hände zu waschen, auf deine Gesundheit zu achten und wenn möglich zu Hause zu bleiben.
  • Deine Kraft liegt darin, zu erkennen, dass diese Krise uns alle betrifft – und wir ein verantwortungsbewusstes Miteinander brauchen, um uns zusammen-Halt zu geben.