Weißt du eigentlich, wie liebenswert du bist? Wie wundervoll all deine ruhigen Eigenschaften sind?

Sich selbst lieben ist für viele introvertierte Menschen ein großes Thema, weil sie oftmals für ihre ruhige Art kritisiert werden. Ich habe mich deshalb auch schon länger mit Selbstliebe beschäftigt und nach einer wirklich guten Selbstliebe Übung gesucht – dabei habe ich diese hier entdeckt und direkt ausprobiert:

Effektive Selbstliebe Übung: Ein ehrlicher Liebesbrief an dich selbst

Eigentlich ziemlich simpel: Verfasse doch einfach mal einen Liebesbrief an dich selbst, statt an eine andere Person. Betrachte dich selbst aus der rosaroten Brille und überlege dir, warum du besonders liebenswert bist.

Ich habe diese Selbstliebe Übung vor Kurzem gemacht und dabei festgestellt, dass sich dieser Brief nicht nur an mich richtet, sondern im Grunde an alle ruhigen Menschen. Deshalb möchte ich diesen Liebesbrief hier mit dir teilen:

Mein, dein & unser Liebesbrief

Liebes Ich,

wir kennen uns nun schon eine ganze Weile – ich habe dich glücklich, traurig, wütend und ängstlich erlebt und all die wunderschönen Facetten deiner Persönlichkeit kennengelernt. Und heute möchte ich dir etwas Wichtiges sagen: Ich liebe dich.

Ich weiß, du hast dir schon in vielen Momenten gewünscht, anders zu sein. Lauter, spontaner und offener – eben einfach so wie all die extrovertierten Menschen, die dich wegen deines stillen Wesens schon so manches Mal als merkwürdig abgestempelt haben.
Dabei ist es doch gerade deine leise Art, die dich ausmacht.

Jeden deiner Schritte wählst du mit Bedacht: Du denkst lange nach, bevor du etwas sagst oder tust, spielst alle möglichen Szenarien im Kopf durch und wägst das Für und Wider jeder Situation genau ab. Wenn du dich dazu entschließt, etwas zu sagen, achtest du darauf, dass deine Äußerungen Sinn machen, von Bedeutung sind und gut zum Gesprächsthema passen. Und ganz ehrlich? Das macht die Gespräche mit dir für jeden Menschen zu einer echten Bereicherung.
Auch die Entscheidungen, die du triffst, sind immer gut durchdacht. Deshalb kannst du – sobald du dich für etwas entschieden hast – auch Vollgas geben und deinen Plan mit voller Kraft und ganzem Herzen umsetzen.

Durch nichts lässt du dich aus der Ruhe bringen und selbst, wenn du einmal wütend wirst, würde es dir nicht im Traum einfallen, jemanden anzuschreien. Du bist der Fels in der Brandung, auf den sich deine Liebsten immer verlassen können. Geduldig und mitfühlend hörst du ihnen zu, bist für sie da und hilfst ihnen, eine Lösung zu finden, wenn sie einmal nicht weiterwissen. Dabei nutzt du eine deiner größten Stärken: Dein analytisches Denken, mit dem du Struktur in jedes Chaos bringst und früher oder später immer einen Weg findest, die Dinge möglich zu machen.

Ich bewundere dich für all das, was du dadurch in der Vergangenheit schon alles geschafft hast. Du hast viele deiner Ziele erreicht und auch die ein oder andere schwierige Zeit durchlebt. Doch diese Rückschläge und Herausforderungen haben dich nie davon abgebracht, deinen Weg weiterzugehen. Im Gegenteil: Du bist daran gewachsen und hast eine innere Stärke entwickelt, auf die du immer wieder zurückgreifen kannst.

Die stillen Momente haben für dich einen besonderen Wert. Ganz bewusst nimmst du dir Zeit nur für dich allein, um Energie zu tanken. Du gehst deinen Gedanken nach, erforschst deine eigene Innenwelt und beschäftigst dich mit tiefgründigen Fragen. Ich finde es großartig, dass du diesen Freiraum nicht nur für dich selbst einforderst, sondern ihn auch anderen zugestehen kannst.

Oft kommen dir in diesen stillen Momenten kreative Ideen, die du dann hochkonzentriert und mit viel Liebe zum Detail zum Leben erweckst. Ich liebe es, zu sehen, wie sehr du in diesen kreativen Dingen aufgehst und dich stundenlang nur damit beschäftigen kannst. Du bringst dadurch dein Innerstes zum Ausdruck und inspirierst jeden, der diese Werke sieht.

Ich liebe es auch, wie deine Augen anfangen zu funkeln, wenn du über ein Thema sprichst, das dich begeistert. In diesen Momenten kommt deine innere Kraft zum Vorschein und du ziehst mit deiner leidenschaftlichen Ausstrahlung alle um dich herum in deinen Bann.

Ich wünsche mir für dich, dass du diese besondere Kraft, die in dir steckt, immer besser kennenlernst, sie für dich nutzt und nach außen trägst. Damit jeder, dem du begegnest, dein Innerstes zu Gesicht bekommt und erkennt, dass auch introvertierte Menschen selbstbewusst, leidenschaftlich und kraftvoll auftreten können – auf ihre ganz eigene, leise Art und Weise.

Du bist einzigartig, wundervoll und genau richtig, so wie du bist.
Ich liebe dich.

Dein eigener ehrlicher Liebesbrief in 5 Schritten

Hier noch ein paar Tipps, wie du vom leeren Blatt zum fertigen Liebesbrief kommst:

1. Sorge für eine angenehme Schreibatmosphäre

Nimm dir ganz bewusst Zeit für dich, in der du von niemandem gestört und von nichts abgelenkt wirst (ja, dazu zählt auch dein Handy). Auch ein paar Kerzen, gemütliche Kleidung und entspannte Musik können helfen, dir eine echte Wohlfühlatmosphäre zu kreieren. So fällt es leichter, die eigenen Gedanken zu erforschen und für deinen Liebesbrief aufs Papier zu bringen.

Apropos Papier: Überlege dir unbedingt, deinen Liebesbrief ganz altmodisch auf Papier zu schreiben – das verleiht der ganzen Übung noch eine viel persönlichere Note. Außerdem regt das Schreiben per Hand unser Gehirn an, sich intensiver mit dem Geschriebenen zu beschäftigen als beim Tippen eines digitalen Textes. Und genau das ist ja der Sinn dieser Übung: Dir deine wunderbaren Seiten in Erinnerung zu rufen und sie dann am besten auch so lange wie möglich in Erinnerung zu behalten, richtig?

2. Liste alles auf, was dich ausmacht

Mach dir zunächst ganz sachlich bewusst, welche Eigenschaften dich ausmachen. Welche Stärken und Schwächen hast du? Welche Eigenarten? Welche Adjektive beschreiben dich in welchen Situationen am besten? (Du kannst z. B. im Beruf total fokussiert und analytisch agieren, während du im Familienleben intuitiv und gefühlvoll bist – verschiedene Rollen können verschiedene Eigenschaften in uns hervorbringen.)

Vielleicht bist du ein totaler Familienmensch, setzt dich gerne für andere ein und kannst gut diskutieren, wenn es darauf ankommt. Vielleicht bist du in der Schule, im Studium oder im Job besonders zielstrebig und ehrgeizig. Vielleicht bist du nah am Wasser gebaut, liebst Kanufahren oder kannst deine Gefühle am besten über deine selbstgemalten Bilder ausdrücken.

Hier ein paar Beispiele dazu:

  • Stärken: Kann gut zuhören, bin geduldig, selbst in stressigen Situationen ruhig, was ich anfange, bringe ich auch zu Ende, kreative Ideen, denke lösungsorientiert, erkenne Zusammenhänge, wenn ich eine Idee habe, will ich sie am liebsten sofort umsetzen
  • Schwächen: tollpatschig, schüchtern, Gefühle zeigen fällt mir schwer, schiefe Zähne, gehe Konflikten aus dem Weg, denke zu viel nach

Geh deine einzelnen Lebensabschnitte gedanklich durch und schreib alles auf, was dir dazu einfällt.

Das betrifft auch deine bisherigen Erfolge und Misserfolge:

  • Erfolge: Studium abgeschlossen, Klavierspielen gelernt, alleine verreist
  • Misserfolge: wichtige Präsentation im Studium vergeigt (weil unvorbereitet), Trennung (weil zu eifersüchtig), Job nicht bekommen

Notiere dir all diese Punkte und sei dabei ganz ehrlich zu dir selbst – es geht ja schließlich um einen ehrlichen Liebesbrief. Bedenke auch: Oft sind es gerade unsere „Macken“, die uns für andere interessant und sympathisch machen.

3. Mach dir deine Gedanken und Gefühle über dich selbst bewusst

Als Nächstes setzt du dir gedanklich eine rosarote Brille auf und betrachtest jeden einzelnen Punkt auf deiner Liste. Was kannst du Positives daran finden? Was würde jemand darin sehen, der dich wirklich liebt? Wie würde so jemand deine Eigenarten betrachten, deine Stärken, deine Schwächen, deine Erfolge und Misserfolge?

Stärken:

  • Kann gut zuhören – andere fühlen sich verstanden
  • Selbst in stressigen Situationen ruhig – entspannte Ausstrahlung, die auch anderen dabei hilft, ruhiger zu bleiben
  • Denke lösungsorientiert – Wo andere sich noch über das Problem ärgern, hast du schon eine Lösung gefunden

Schwächen:

  • tollpatschig/schüchtern/schiefe Zähne – guter Kontrast zu Perfektionismus, macht mich menschlich
  • Gefühle zeigen fällt mir schwer – habe Angst, mich verletzlich zu zeigen, weil ich mich in Kindheit dabei nicht sicher gefühlt habe. Versuche es trotzdem – Zeichen von Stärke
  • Denke zu viel nach – Ich bin sehr reflektiert, möchte allem, was ich erlebe, auf den Grund gehen

Schau dir noch mal deine Erfolge an und frage dich: Welche Eigenschaften waren notwendig, um dieses Ziel zu erreichen? Was war für mich besonders schön daran und wie habe ich mich gefühlt?

  • Studium abgeschlossen: Disziplin, Ehrgeiz, Selbstmotivation, Hochgefühl
  • Klavierspielen gelernt: Fingerfertigkeit, musikalisches Verständnis, Rhythmusgefühl
  • Alleine verreist: Mutig, aus der Komfortzone gegangen, Selbstvertrauen gewonnen, war wahnsinnig stolz auf mich, entspanntes Gefühl

Bei deinen Misserfolgen oder Fehlern frage dich: Warum war es ein Misserfolg und was habe ich daraus gelernt? Was würde ich anders machen, wenn ich in einer ähnlichen Situation wäre? Wie habe ich mich dabei gefühlt?

  • Wichtige Präsentation im Studium vergeigt: Warum? Unvorbereitet. Gefühl: War total peinlich, rot angelaufen, wäre am liebsten rausgerannt. Gelernt: Nächstes Mal besser vorbereiten.
  • Trennung: Warum? War zu eifersüchtig. Gefühl: Schmerz, Trauer. Gelernt: Vertrauen wichtig
  • Job nicht bekommen: Warum? War im Vorstellungsgespräch zu schüchtern, um eigene Fragen zu stellen. Gefühl: Über mich selbst geärgert. Gelernt: Selbstvertrauen in solchen Situationen ist entscheidend.

4. Formuliere deinen ehrlichen Liebesbrief aus

Jetzt, wo du eine lange Liste an Eigenschaften für deinen Liebesbrief hast, ist es an der Zeit, ihn auszuformulieren.

Vergiss deine rosarote Brille dabei nicht! Stell dir vor, du schreibst den Brief an eine Person, die du über alles liebst und nimm dir Zeit dafür, die für dich passenden Worte zu finden. Die einzelnen Punkte deiner Liste sollen dir dabei als Orientierung dienen, aber eine persönliche Note bekommt der Liebesbrief erst, wenn du ihn dazu noch mit deinen Gedanken und Gefühlen ausschmückst. Wenn du dich zum Beispiel an eine bestimmte Situation erinnerst, versuch auch, deine Gefühle von damals wieder aufleben zu lassen, und bring sie in deine Zeilen mit ein. So schreibst du einen authentischen und ehrlichen Liebesbrief.

Dein Brief muss übrigens nicht besonders lang sein. Wichtig ist nur, dass du deine Gedanken und Gefühle ehrlich auf den Punkt bringst.

5. Lass deinen fertigen Liebesbrief auf dich wirken

Wenn du mit dem Schreiben fertig bist, falte deinen Brief zusammen, stecke ihn in einen Umschlag und schreibe deinen Namen darauf. Dann legst du ihn weg und lässt ihn für einen Tag liegen.

Mach deinen Liebesbrief erst am nächsten Tag auf, lies ihn und lass die liebevollen Zeilen auf dich wirken. Wie fühlst du dich dabei? Was bewirken diese ehrlichen Zeilen in dir?

Bewahre deinen Liebesbrief gut auf und lies ihn immer mal wieder – vor allem, wenn es dir mal nicht so gut geht und du an dir selbst zweifelst. Für viele ist so ein ehrlicher Liebesbrief der Anfang einer wundervollen Beziehung zu sich selbst.